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Hautnah-Antonio Banderas und seine maßgeschneiderte Frau
Der spanische Kult-Regisseur Pedro Almodóvar schafft mit „Die Haut, in der ich wohne“ ein futuristisches Werk über Schönheit, tragische Verluste und den fatalen Hang zur Perfektion. Der auf dem gleichnamigen Roman von Thierry Jonquets basierende Film glänzt mit Antonio Banderas in der Hauptrolle.
Der Oscar-prämierte spanische Filmemacher, Drehbuchautor und Provokateur Pedro Almodóvar fabriziert mit „La piel que habito – Die Haut, in der ich wohne“ einen außergewöhnlichen, kühlen Thriller, der die Grenzen von Moral und Ethik überschreitet und buchstäblich unter die Haut geht. Für sein neues Werk holt er sich seinen Schützling, Hollywood-Star Antonio Banderas, welchen er selbst entdeckte und mit dem er vor 21 Jahren zuletzt zusammenarbeitete, als Hauptdarsteller.
Banderas spielt den erfolgreichen und gutaussehenden plastischen Chirurgen Dr. Robert Ledgard, welcher sich ein hohes Ziel gesetzt hat – nämlich die perfekte Haut zu erschaffen. Selbst sehr auf sein Aussehen bedacht, wird er von der Vorstellung geleitet, mit einer künstlichen Haut Verbrennungsopfern helfen zu können. Um eine elastische, widerstandsfähige und vor allem feuerfeste Haut zu kreieren, kombiniert er menschliche Gene mit jenen von Schweinen. Abseits jeglicher bioethischer Grenzen arbeitet er für sein Experiment an einem ‚Versuchskaninchen’, nämlich an der jungen Frau Vera – gespielt von Elena Anaya – welche er in seiner Villa versteckt hält.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters
Vera trägt ein braunes, eng anliegendes, körperbetontes Kostüm, das beinahe aussieht wie eine zweite Haut. Es lenkt den Blick auf ihren Körper und lässt sie wie eine zum Leben erweckte Puppe wirken – erinnert ein wenig an Pinocchio. Überall in dem Raum, in dem sie lebt, sind Kameras angebracht. Eine Szene zeigt sie bei ihren Yoga-Übungen, die erneut die Aufmerksamkeit auf ihren Körper ziehen. In Ledgards Schlafzimmer befindet sich ein riesiger Bildschirm, über den er sein ‚Meisterwerk’ immer wieder bewundert. Als Zuseher und Zuseherin wird man wiederholt in den voyeuristischen Blick des Schönheitschirurgen versetzt.
Die Abgründe der Geschichte werden erst mit der Zeit deutlich. Erst nach und nach dringt Almodóvar in die eigentliche Geschichte ein und eröffnet die Motive für die gefährliche Neigung Ledgards. Die Frau des Schönheitschirurgen starb nach einem tragischen Autounfall, bei dem ihr gesamter Körper durch Verbrennungen schwer entstellt wurde. Unter anderem aus diesem traumatischen Erlebnis resultiert Ledgards fataler Hang zur Perfektion und der Wunsch, die perfekte Haut zu erschaffen. Hinzu kommt die verblüffende Ähnlichkeit von Vera und der verstorbenen Frau des Schönheitschirurgen.
Raffiniertes Werk-unverkennbar Almodóvar!
Almodóvar schafft mit diesem Film einen schockierenden Thriller, der ganz ohne Schreie und Blut auskommt. Trotz Inspiration durch Hitchcocks „Frankenstein“ oder auch durch Georges Franjus Klassiker „Augen ohne Gesicht“, ist Almodóvars neues Werk unverkennbar. Er befinde sich jetzt in seiner „Thrillerphase“, da man mit einem Thriller „verschiedene Genres streifen“ könne, so Almodóvar.
In seinen Arbeiten behandelt der spanische Regisseur oft Themen wie Sexualität, Identität und Amoralität, deren Diskussion er auch in diesem Werk wieder schürt.
Kritiken setzen an der Tatsache an, dass der komplexen, dicht zusammenhängenden Dramaturgie und der bei Almodóvar gewohnt starken Symbolik und reichhaltigen optischen Ausstaffierung des Filmes mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als der fatalen Neigung des Schönheitschirurgen Ledgard zur Perfektion, zu plastischer Chirurgie jenseits von Moral und Ethik und seiner Besessenheit von der perfekten Haut. So erklärt der Journalist Dominik Kamalzadeh, dass der Film zwar durch seine „große Kunstfertigkeit“ heraus sticht, allerdings „zu wenig Nachdruck besitzt, um zu verstören“.
Andrea Hrastnik, Ressort Kultur
Quellen:
http://orf.at/stories/2083608/2083552/
http://derstandard.at/1317020045537/Die-massgeschneiderte-Lebenspartnerin
http://www.stern.de/kultur/film/horrorthriller-von-almodovar-die-haut-in-der-ich-wohne-1740400.html